Der Herrgott am Troglerhof im Lajener Ried

 

An der Ostwand des Wohnhauses zum Troglerhof im Lajener Ried ist ein 3,50 m hohes Kruzifix angebracht. Ein schönes Werk aus dem 17. Jahrhundert.

An diesem Kreuz haftet eine mündliche Überlieferung, von der Frau Maria Rabensteiner geb. Lang, die Mutter des heutigen Hofeigentümers, anscheinend mit Recht behauptet, dass es sich um eine wahre Begebenheit handle. Demnach soll das genannte Kreuz um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf den Fluten des Hochwasserführenden Eisacks bis Waidbruck getrieben, vom damaligen Hofeigentümer geborgen und unweit seines Hauses auf dem Felde aufgestellt worden sein.

Um auf den Wahrheitsgehalt der oben angeführten Überlieferung zu kommen, sei hier erinnert, dass bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts das Eisacktal sehr oft von Überschwemmungen heimgesucht wurde, denn nebst dem Eisack waren es besonders die beiden Wildbäche des Sterzinger Beckens, der Mareiter Bach (auch Fern- oder Gailbach genannt) und der Pfitscher Bach, die damals alle noch bei jedem Sommergewitter über die Ufer traten. Besonders das Jahr 1851 war diesbezüglich für Sterzing ein Katastrophenjahr.

Da noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts der Verkehr von und nach Gröden weniger über Waidbruck, sondern von St. Ulrich über den Panider Sattel nach St. Michael und Kastelruth zur "Törggelebrücke" (Kastelruther Brücke) führte und dort den Anschluss an den in der Eisackschlucht verlaufenden Kuntersweg fand, waren es die Lajener, die spätestens seit 1473 laut richterlichem Urteil für die Erhaltung und Instandsetzung der "Waidprucken" zu sorgen hatten, so ist es sehr verständlich, dass bei Hochwasser Leute aus dem nahen Lajener Ried an der damals gedeckten Holzbrücke zu Waidbruck, auch Starzer Brücke genannt, zusammenströmten, um diesen für sie wichtige Übergang vor dem Ansturm der Fluten und des Treibholzes zu retten.

Bei einer solchen Gelegenheit hat sicher auch der damalige Eigentümer des Troglerhofes seinen Mann gestellt und konnte dabei das Anhärtreibende Kruzifix bergen. Sicher ist jedenfalls, dass Herr Franz Lang, der Vater von Frau Maria Rabensteiner, der den Troglerhof im Jahre 1892 käuflich erworben, das Kreuz an die Ostwand des Hauses angebracht hat.

So wacht nun dieser "Herrgott" weiterhin schützend am Eingang des Troglerhofes und am uralten Weg, der an der Bergspitze des Wohnhauses vorbeiführt.

Da hier gerade vom Troglerhof die Rede ist, sei auch eine andere Sache hingewiesen, die weniger erfreulich ist: In der Militärkarte 1:25.000, Fo. 11 IV NO (Chiusa), und ebenso in der Kompaß-Wanderkarte 1:50.000, Blatt Bozen - Grödental - Rosengarten, ist der Name des Troglerhofes mit der Bezeichnung "Fontana" angegeben, wahrscheinlich eine unüberlegte Übersetzung aus Trog(ler). Doch hat der anerkannte Flurnamenforscher Jos. Tarneller in seinem Werke "Die Flurnamen des unteren Eisacktales" diesen Hofnamen bis zurück in das 13. Jahrhundert urkundlich untersucht und dabei herausgefunden, dass man in den Jahren 1750 und 1619 Traglerhof schrieb. Für die Jahre 1580, 1547 und 1462erwähnt er in gleicher Reihenfolge die Namen Magdalena Traglerin, Bartlme Tragler und Oswald Tragler in Ried. Weiters deutet Tarneller diesen Namen aus dem Lateinischen tragula, was er wiederum mit einer Art Schlitten oder Schleif (mit Fragezeichen) übersetzt.

Sicher ist jedenfalls, dass Urkundenbegründete Forschungsarbeit Tarnellers nicht mit einer oft willkürlichen oder bildlichen Übersetzung zu vergleichen ist.

Warum dann im Verlauf der Jahre der Name Tragler in Trogler umgewandelt wurde und ob etwa der am Hofe haftende Flurname "Troj" (ladinisch = Weg, Steig; siehe Troj pajan) dafür verantwortlich ist, sei hier dahingestellt.

 

 


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